Therapiemaßnahmen

Da der menschliche Körper Vitamin B12 nicht selber produzieren kann, sind wir gezwungen, dieses lebenswichtige Vitamin über die Nahrung aufzunehmen. Da es nur in tierischen Nahrungsmitteln vorkommt, kann hier sehr schnell eine Unterversorgung bis hin zum Mangel auftreten. Der Körper speichert Vitamin B12 in der Leber. Somit ist der Körper in der Lage, eine vorübergehende Unterversorgung bis zu einem Zeitraum von drei Jahren auszugleichen. Spätestens dann macht sich der Mangel mit schweren Folgeerscheinungen bemerkbar und eine Behandlung muss sofort eingeleitet werden.

Unterschiedliche Therapien bei einem Cobalaminmangel

Ein Vitamin-B12-Mangel wird oftmals spät erkannt, da die Symptome ebenso anderen Krankheitsbildern zugeordnet werden können. Treten die ersten erkannten Symptome auf, sollte der Betroffene einen Arzt aufsuchen, um mittels eines Tests seinen Vitamin-B12-Status kontrollieren zu lassen. Den Ärzten stehen unterschiedliche Testmethoden zur Verfügung. Der Vitamin-B12-Urin-Test ist der Gebräuchlichste.

Wird ein B12-Mangel diagnostiziert, muss sofort eine Behandlung mit Vitamin-B12-Präparaten eingeleitet werden sowie nach der Ursache des Mangels gesucht werden.
Je nach der Ursache des B12-Mangels gestaltet sich die Therapie. Auslöser für einen Mangel an Vitamin B12 ist oftmals falsche Ernährung. So sind beispielsweise Vegetarier und Veganer sehr oft mit diesem Problem konfrontiert. Da sich fleischfrei ernähren, fehlt hier der Hauptlieferant für Vitamin B12.
Ein weiterer Grund für Vitamin-B12-Mangel kann eine Aufnahmestörung sein. Hierunter leiden sehr viele Menschen mit Erkrankungen im Magen-Darm-Trakt. Das Vitamin B12 wird über den Dünndarm absorbiert. Liegen hier Störungen vor, kann schnell ein Mangel auftreten.

Auch ältere Menschen verzeichnen sehr oft einen Mangel an Vitamin B12, da mit fortschreitendem Alter die Funktion der Organe nachlässt und die Aufnahme von Vitamin B12 nicht mehr gewährleistet ist.

Je nach Schwere des Mangels und der Ursache wird der Therapeut die dazu passende Indikation wählen.

Therapie bei ernährungsbedingtem B12-Mangel

Wird dem Körper über die Nahrung nicht ausreichend Vitamin B12 zugeführt, greift dieser auf die Speicher in der Leber und den Zellen zurück und entleert diese nach und nach. Bereits bei diesem Vorgang kann es durch die Unterversorgung zu den ersten leichten Symptomen oder Mangelerscheinungen kommen. Schwere bis lebensbedrohliche Symptome machen sich zumeist erst kurz vor oder nach der völligen Entleerung der Speicher bemerkbar.

Die Ernährungsform von Veganern und Vegetariern zieht oftmals einen B12-Mangel nach sich. Mit dem Verzicht auf tierische Nahrungsmittel fehlt ihnen der wichtigste Lieferant für Vitamin B12. Ihnen wird von Experten geraten, ergänzend zu ihrem Speiseplan auf mit B12 angereicherte Lebensmittel zuzugreifen oder einen Ausgleich durch Nahrungsergänzungsmittel zu schaffen.
Liegt gleichzeitig eine Verwertungs- oder Aufnahmestörung vor, ist es möglich, dass die Höhe der zugeführten Tagesdosis nicht ausreicht, um den Mangel zu beheben. Um sicherzugehen, dass die gewählte Therapie Erfolg bringt, sollte nach mehreren Wochen der Einnahme einer höheren B12-Dosis ein Test über den B12-Status Aufschluss geben, denn durch die erhöhte Zufuhr des Vitamins sollten sich die Werte über diesen Zeitraum verbessert haben.

Ernährungsbedingter Mangel zieht eine 2-Phasen-Therapie nach sich

Ein durch falsche Ernährung entstandener Vitamin-B12-Mangel wird zumeist mit einer aus zwei Phasen bestehenden Therapie behandelt. In der ersten Phase werden mit einem hoch dosierten Anfluten die entleerten Speicher wieder aufgefüllt.

Die zweite Phase ist eine Erhaltungstherapie um den Tagesbedarf zu decken.

Während der Anfangstherapie, dem Anfluten, wird dem Körper über den Zeitraum von 2 bis 3 Monaten täglich eine hohe Tagesdosis Vitamin B12 injiziert. Die Höhe der Dosierung wird der Therapeut unter individuellen Gesichtspunkten festlegen. Meist wird mit einer Dosis von 1.000 µg begonnen.
Durch einen B12-Test wird festgestellt, ob das Anfluten erfolgreich war. Ist das der Fall, kann zu der Erhaltungstherapie übergegangen werden.
Die Erhaltungstherapie basiert auf dem Tagesbedarf von mindestens 3 µg bei Erwachsenen. Da der Körper nur einen Teil des zugeführten Vitamin B12 absorbiert, der überwiegende Teil wird über den Urin ausgeschieden, wird die Erhaltungsdosis entsprechend höher angesetzt. Die Empfehlungen liegen bei einer Tagesdosis von 10 bis 300 µg, wobei diese geringen Dosen in drei Tagesrationen über den Tag verteilt eingenommen werden sollten.

Für die Absorption des Vitamins B12 ist der Intrinsic Faktor zuständig. Dies ist ein Transportprotein und wird von den Belegzellen im Magen gebildet. Im Dünndarm bindet sich das B12 an den Intrinsic Faktor und wird so von den Schleimhäuten aufgenommen.

Bei oraler Zuführung von Vitamin B12 nimmt der Körper durch den Intrinsic Faktor maximal 1,5 µg und über die sogenannte passive Diffusion ein weiteres Prozent auf. Die recht hohen Dosierungen basieren also darauf, sich mit dieser Mehrgabe die passive Diffusion zunutze zu machen. Das ist zudem der Grund, kleinere Dosen über den Tag verteilt einzunehmen. So wird die passive Diffusion drei Mal täglich genutzt.

Kommt zu einer Unterversorgung eine Aufnahmestörung hinzu, müssen die täglichen Dosen dementsprechend höher angesetzt werden. Mehrere Studien mit oral eingenommenem Cyanocobalamin kamen zu dem Ergebnis, dass dieses Präparat 200-fach höher dosiert eingesetzt werden muss, als bei der empfohlenen Tagesdosis. So könnte z. B. ein Patient mit erkannter Anämie einem Mangel sicher vorbeugen. Bei oraler Einnahme von Vitamin B12 müsste die Tagesdosis also zwischen 500 und 1.000 µg liegen.
Da eine Überdosierung bei Vitamin B12 nicht möglich ist, werden üblicherweise dauerhafte Verordnungen mit Vitamin-B12-Präparaten in diesen hohen Dosierungen empfohlen. Woraus wiederum resultiert, dass viele Präparate auf dem Markt mit recht hohen Dosierungen angeboten werden.
Allerdings beurteilen einige Experten diese dauerhafte Überdosierung auch kritisch, da das Nährstoffgleichgewicht beeinflusst wird.

Aufnahmestörungen verlangen ihre eigene Therapie

Eine Aufnahmestörung verhindert, dass über den Intrinsic Faktor Vitamin B12 in den Körper transportiert wird. So kann eine orale Zufuhr von B12 nicht zum gewünschten Erfolg führen, da der Vorgang im Darm gestört ist.

Bei einer diagnostizierten Aufnahmestörung greifen die meisten Therapeuten zu hohen Dosierungen von Vitamin B12 mittels Injektionen oder Lutschtabletten sowie Tropfen. Bei Injektionen liegt die Tagesdosis bei rund 1.000 µg, bei Lutschtabletten und Tropfen zwischen 500 und 2.000 µg täglich.
Nur so ist der Körper während der Suche nach der Ursache für die Aufnahmestörung dauerhaft vor einem anhaltenden B12-Mangel geschützt.

Injektionen

Als ältestes Vitamin-B12-Präparat sind Injektionen auch am besten erforscht. Sie stellen die verlässlichste Behandlungsmethode dar, den Körper bei einer erkannten Aufnahmestörung ausreichend mit Vitamin B12 zu versorgen. Da die Injektion in den Muskel gespritzt wird, gelangt sie ohne Umwege ins Blut. Nach einem längerfristigen Mangel an Vitamin B12 sollten die Speicher mit den hohen Dosierungen der Injektionen wieder aufgefüllt werden.

Sublinguale Aufnahme mittels Lutschtabletten

Ist bei einer Aufnahmestörung der Intrinsic Faktor außer Kraft gesetzt, empfehlen Therapeuten oftmals sublinguale Lutschtabletten. Hierbei werden die Wirkstoffe über die Schleimhäute unter der Zunge oder in den Wangentaschen aufgenommen. Die Varianten mit Methylcobalamin sowie Cyanocobalamin hatten in klinischen Studien sehr gute Erfolge zu verzeichnen.

Um einen wiederkehrenden Mangel auszuschließen, wird bei nicht heilbaren Befunden oder chronischen Erkrankungen ( z. B. teilweise Entfernung des Dünndarms) die Therapie dauerhaft angesetzt.

Mit dem Beginn der Vitamin-B12-Therapie bei einer Aufnahmestörung beginnt die Ursachensuche. Diese ist häufig in chronischen Störungen des Magen/Darmbereiches zu finden. Aber auch psychischer und körperlicher Stress, Alkoholismus, Drogenkonsum sowie Mangelernährung können die Ursache darstellen. Etwas seltener werden Verbindungen mit einem Helicobacter-pylori-Befall, Erbkrankheiten oder Wechselwirkungen mit Medikamenten festgestellt.

Die Wahl des richtigen B12-Präparates

Zu einer erfolgreichen B12-Therapie stehen den Patienten verschiedene Vitamin-B12-Präparate mit unterschiedlichen Vitamin-B12-Formen zur Verfügung. Handelsüblich sind Methylcobalamin, Hydroxocobalamin sowie Cyanocobalamin.

Cyanocobalamin ist die einzige synthetisch hergestellte Vitamin-B12-Form. Bei der Verstoffwechselung im Körper zerfällt es in Methylcobalamin und Cyanid. Da Cyanid als Giftstoff bekannt ist, wird Cyanocobalamin oft abgelehnt. Bei einigen Menschen, vor allem bei Rauchern, kann es zu allergischen Reaktionen auf das abgespaltene Cyanid kommen. Cyanocobalamin ist aufgrund seiner einfachen Herstellung besonders günstig, wird aber wegen der bekannten Nebenwirkungen vielfach von den anderen B12-Formen verdrängt. Einige Experten gehen sogar so weit, zu fordern, den Wirkstoff vom Markt zu verbannen.

Hydroxocobalamin ist einer der natürlichen Formen des B12. Es wird von verschiedenen Bakterien hergestellt. Obwohl es im Körper vor der Aufnahme erst umgewandelt werden muss, wird es dem Cyanocobalamin vorgezogen. Mit einer leichteren Verfügbarkeit wird es zudem nicht so schnell ausgeschieden. Der internationale Standard stützt sich auf Hydroxocobalamin, auch die WHO empfiehlt es.

Besonders empfehlenswert sind aber B12-Präparate mit den Inhaltsstoffen Methylcobalamin und Adenosylcobalamin. Diese werden vom Körper direkt verwertet, während Hydroxocobalamin und Cyanocobalamin erst zu diesen zerfallen müssen. Da Methylcobalamin und Adenosylcobalamin die beiden einzigen bio-aktiven B12-Formen sind, werden sie B12-Co-Enzyme bezeichnet.

Pflanzliches Vitamin B12

Menschen, welche die vegetarische oder vegane Ernährungsform gewählt haben, verzehren als umstrittene B12-Lieferanten verschiedene Algensorten. Verbreitet sind Nori-, Chlorella- und Spirulina-Algen auf dem Markt erhältlich. Allerdings besteht der größte Anteil des Vitamin B12 in Algen aus sogenannten Analoga, also einem Pseudo-Vitamin-B12. Der Körper stellt eine gewisse Anzahl von Aufnahmefaktoren zur Verfügung, welche von diesen Analoga blockiert werden und so einen Mangel an echtem Vitamin B12 auslösen können.
Die Ergebnisse anderer Studien wiederum lassen den Schluss zu, dass Algen tatsächlich den B12-Spiegel ansteigen lassen können. Hier fehlt allerdings der Nachweis, dass die Zellen ausreichend mit Vitamin B12 versorgt werden.

Zusammenspiel von B12 mit Spurenelementen und Mineralstoffen

Bei der Durchführung einer B12-Therapie sollten auch die anderen Vitamine des B-Komplexes nicht außer Acht gelassen werden. Das betrifft besonders die Folsäure, da hier ein enger Zusammenhang im Stoffwechsel vorliegt. Bei der B12-Verwertung muss zudem auf die Wechselwirkung mit Kalzium, Biotin sowie Magnesium geachtet werden.
Ein sehr starker Mangel geht oft mit Anämie einher. Zur Blutbildung benötigt der Körper aber Eisen. Um hier einen Ausgleich zu schaffen, sollte speziell bei der Anfangstherapie mit hohen B12-Dosierungen eine Zugabe von Eisen nicht außer Acht gelassen werden.

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